Interview mit Bernd C. Meiser

Bernd Meiser schrieb unzählige Berichte rund ums Thema Musik-, Gitarren- und Amptechnik und ist als "Altmeister" einer der hochgeschätzten Pedalbauer des Landes und ein Spezialist mit langjähriger Erfahrung auf seinem Gebiet. Hier gibt er uns einen kleinen persönlichen Einblick.

 

Über mich

Hallo Bernd. Stelle Dich bitte kurz vor, wer bist Du, was macht Dich aus?
Bernd C. Meiser hier, Saarländer, geb.: 1959. Vollblut-Analogtechniker. Schon als Kind war ich sehr Technik orientiert, arbeitete spielend sehr viel mit zunächst mechanischen Baukästen, dann die damals angesagten elektronischen Lehrkästen von Philips und Kosmos. Volksschule, dann meiner Neigung dienend, die Gewerbeschule. Dort erster Kontakt mit Musikhäusern, Röhren-Geräten und der E-Gitarre. Auch erster Amp - ein modifiziertes Radio von Großvater (Blaupunkt, etwa von 1940 – hatte noch die A-Röhren-Serie (4Volt Heizspannung) drin. Erste Bausätze von Gitarreneffekten realisiert, ein Germanium TrebleBooster (RM clone) & ein Silizium FuzzFace. Der TB klang zusammen mit dem Röhren Radio atemberaubend gut. Ergab sofort den damals von mir gehörten Rocksound. Gitarre war eine Luxor (Modell: 1803T) eine entfernte Strat Kopie, wurde dann von mir auch gleich modifiziert. Danach Ausbildung zur Rundfunk-& Fernsehtechniker – klar! Hatte freitags vormittags Berufsschule und verbrachte dann diese freien Nachmittage meist in der Werkstatt des größten saarländischen Musikhauses FC Louis in Saarbrücken. Habe dort drin außerhalb meiner Lehrstätte sehr viel gelernt über FX-Pedale & Tube-Amps und deren Mods. Zeichnete von allen Geräten, die ich aufschrauben durfte, das Schaltbild raus und arbeitete es durch. Spielte zu der Zeit einen Vox Amp, später einen roten 100er Plexi (hab´ ich heute noch) – die gab es damals ja für ´n Appel & ´n Ei, weil jeder einen neuen Marshall mit dem brandneuen MasterVolume haben wollte. Nach der Lehre in verschiedenen Jobs als R-& F Techniker gearbeitet. Wichtigster Job war dann bei Backes & Müller, die bauten & konstruierten aktiv gegengekoppelte Lautsprecher, was mich sehr interessierte. Neben vielen anderen Aufgaben war ich dort auch für das akustische Paaren der Lautsprecher und deren elektronischem Abgleich zuständig, eine Tätigkeit, welche sich beim Kreieren und Abgleichen meiner Pedale in meiner späteren Firme „BSM“ sich noch als sehr nützlich erweisen wird. Stellte aber fest, dass mir für viele Dinge der theoretische Tiefgang fehlt, insbesondere beim Lesen von hochwertiger technischer Fachliteratur – es reifte dann der Entschluss, über den zweiten Bildungsweg mit Fachabi ein E-technik Studium zu realisieren, um diese Unzulänglichkeit zu eliminieren …. Gesagt und dann tatsächlich irgendwann auch getan. Studium der Nachrichtentechnik an der FH in Kaiserslautern. Nebenbei eigener Shop „Powersound“ mit dem Modifizieren von Amps, Pedalen & PUs etc. Später auch Kolumnist mit monatlichen E-technik FX Artikeln bei Gitarre & Bass. Es ergab sich dann eine Möglichkeit, ein paar TrebleBooster für bekannte Gitarristen als custom order zu fertigen, ergriff dann diese Situation und gründete meine Pedal Firma „BSM“, nachdem ich mir eine riesige Menge von diesen benötigten & sehr begehrten „insider“ Ge-Transistoren OC44 einverleibt hatte - als Grundstock sozusagen. Schnell wuchs meine Pedalpalette von anfänglich nur Replicas der alten klassischen Originalen, dann kamen die Eigenentwicklungen. Mittlerweile habe ich etwa 35 verschiedene Modelle, alle mit einem bestimmten Klangcharakter.

Bist Du selbst aktiver Musiker? Was machst du für Musik?
So Mitte/Ende der 70er spielte ich in diversen Bands Hardrock, verwendete aber meine Freizeit (leider) nicht zum Üben auf der Gitarre, sondern einzig und alleine für die E-Technik. Dort wollte ich voran kommen.

Wie bist Du darauf gekommen Pedale zu bauen?
Nun, Ende der ´70er Jahre stellte ich fest, dass es eine Vielzahl von alten klassischen Pedalen gab mit vorzüglichem Rock-Klang, diese aber vom Markt ersatzlos verschwunden waren, da neue musikalische Geschmäcker Einzug in das Biz hielten (Punk, Mainstream…). Also fing ich damals schon an, vorwiegend diese alten Dinger sporadisch zu fertigen… bis zur Gründung von „BSM“, ab da wurde konsequent gefertigt.

Warum vorwiegend TrebleBooster, was fasziniert Dich daran?
Ein TrebleBooster – ein etwas unglücklicher Name herrührend aus der Vergangenheit, entzerrt und verstärkt das Gitarrensignal gerade richtig, um einem guten tube-amp den Rocksound zu entreißen, den ich so sehr schätze. Da ich mich um andere sounds kaum recht gekümmert habe, halte ich es klassisch mit: „Schuster bleib bei deinen Leisten“.

Wie lange/seit wann baust Du schon Pedale?
Meine ersten beiden Pedale waren Bausätze von ITT, ein TB und ein FuzzFace, das war wohl 1973 während meines Besuches der Gewerbeschule Fachrichtung Elektro.


Meine Marke

Wie würdest Du deine Marke beschreiben?
Meine Replicas sind Best mögliche Annäherung nebst original Transistoren an die Originalen Gerätschaften der 60er Jahre. Und meine Eigenkreationen liefern den Best möglichen klassischen Hardrock sound der spät-60er bis mitte 70er Jahre.

Wie viele Serienmodelle von TrebleBoostern gibt es in Deinem Sortiment?
Das werden etwa 35 verschiedene Serien Modelle sein, von den seltenen custom orders wie „Magnetic Booster“ oder RB_Looper mal abgesehen….

Wieviele Prototypen baust Du, bevor ein neues Modell fertig ist?
Ich habe im Laufe der Jahre sehr viele elementare Grund-Booster-Modelle entworfen. Höre ich einen für mich guten sound, der es Wert ist, erhalten zu bleiben, stelle ich mir zunächst ein dem Original nahestehendes Equipment zusammen, was zB die PUs anbelangt, für die neue „Black Box“, welche des Angus Y sound dupliziert, waren das T-top Modelle, die ich mir eigens dafür anschaffte. Nach sehr viel Abhören der AC/DC Platten gab es dann sicherlich 4 verschiedene Filterblöcke, die ich nach akustischer Selektion entwarf. Mit vielem hin-& her entstand dann daraus nach reichlich modifizieren der finale Filterblock. Der nachfolgende Verstärker ergab sich aus zwei verschiedenen Schaltungen, die ich kombinierte.

Wie lange brauchst Du für ein Pedal vom ersten bis zum letzten Schritt?
Das hängt sehr von der aktuellen Auftragslage ab, denn die Entwicklung eines neuen Produktes erfolgt parallel zu der täglichen Brot- & Butter-Arbeit.

Was unterscheidet einen TrebleBooster von einem Overdrive?
Nun, beide Geräte sind zunächst vom Frequenzgang sehr ähnlich. Der TB verstärkt einfach ziemlich wild darauf los und seine hohe Ausgangsamplitude ist weit höher als bei einem OD. Da der OD in einem anderen Zeitabschnitt entwickelt wurde, spielen natürlich dann die zeitlichen Gepflogenheiten der anderen verfügbaren Pedale eine große Rolle. In den frühe/mitte 60er Jahre gab es für hinter dem TB außer Tube-Echo nichts Erwähnenswertes. Um 1980 hingegen waren die beliebten Chorus/ Flanger/ Delay/ EQs mit ihrer Eigenschaft nur mittlere Pegel störungsfrei verarbeiten zu können. Dem trug der OD dann Rechnung. Mit Hilfe von den Overdrive Dioden wird das Signal auf etwa einen Ausgangs Level der Fluss Spannung einer Silizium Diode gehalten – also so 0,7V – mal schnell & grob gesprochen. Damit ist der OD sehr flexibel im Zusammenspiel mit anderen 9Volt Tretern. Mit einem ungezügelten TrebleBooster kann man schon mal nicht geschützte CMOS Schaltarrangements in FX-Pedalen zerschießen. Man kann also grob sagen, ein Overdrive (im Sinne eines TS9) ist ein moderner TrebleBooster.

Es gibt haufenweise Clone-Pedale auf dem Markt, beispielsweise vom Ibanez Tubescreamer oder vom Klon Centaur. Hast du auch eine Kopie, ein Clone-Pedal eines anderen Pedals in Deinem Sortiment?
Ja klar, habe schon ein paar Replicas der alten TrebleBooster Modelle im Sortiment, genau die eben, welche Geschichte geschrieben haben. Denn die nicht-entsorgten Originale sind längst in Sammler Vitrinen verstaut und dem musizierenden Gitarristen entzogen. Die wenigen freien Modelle rauschen oft entsetzlich, da der Ge-Transistor schlapp gemacht hat, oder wenn nicht, der Preis nicht akzeptabel erscheint. Der letzte Hornby-Skewes TB, den ich auf Ebay sah, wechselte für 1600 British Pounds den Besitzer.

Dein letztes Modell war die „Black Box“, basierend auf dem frühen Sound des Angus Young. Hast Du weitere Artist-Modelle?
Ja, viele meiner Eigen Kreationen basieren auf tollen Sounds, die ich hörte und sehr schätze, nennen wir mal ein paar Artist Modelle, … Ritchie Blackmore, Andy Powell, Steve Marriot, Mick Ralphs, Ronnie Wood… ah ja, das sind wirklich alles klassische Rocksounds.

Auf welches Deiner Pedale bist Du besonders stolz?
Die beiden Blackmore orientierten Pedale: „71/73 CM“ und den „RPA_Major“, beides sehr schöne Entwürfe.


Persönliches

Gibt es Pedale anderer Hersteller, die Dich nachhaltig beeindruckt und/oder beeinflusst haben?
Beeindruckt im Sinne technischer Raffinesse der Tube Screamer und der Colorsound Overdriver.

Welches Pedal eines anderen Herstellers würdest Du auf die einsame Insel mitnehmen?
Ein von mir modifizierter Ibanez TS9DX

Womit verbringst Du neben Musik und Pedalen Deine weitere Zeit?
Mit meiner Familie & Enkel hüten….

Welchen Musiker/welche Band magst Du besonders?
Deep Purple/Rainbow (mit Blackmore), Free, Grateful Dead, Jane und die britische Band Van Der Graaf Generator, unbedingt mal reinhören.

Was wärst Du geworden, wenn Du keine Pedale bauen würdest?
Dipl-Ing (FH) mit wahrscheinlich analogtechnischer Ausrichtung oder gegebenenfalls physikalisch-orientiertes Modelling von Tubeamps siehe zB. Kemper

Was macht Dir an Deinem Job am meisten Spaß?
Das Entwerfen neuer Pedale und auch das Abhören (Endkontrolle) der fertigen Pedale.

Was wünschst Du Dir für Deine Zukunft?
Gesundheit und Zufriedenheit


Marketing & soziale Medien

Wie viel Zeit verbringst Du (täglich) in den sozialen Medien?
Ich besuche etwa eine Stunde insgesamt die Pedalboard-Gruppe bzw diesem sehr nahestehende Foren. Ansonsten treibe ich mich nicht in den sozialen Medien umher.

Du bist schon lange als Pedalbauer Mitglied in der PEDALBOARD-Gruppe. Würdest Du sagen, dass die PEDALBOARD-Community für Pedal-Hersteller wie Du es bist hilfreich ist?
Ja, ist hilfreich, vielleicht etwas weniger für mich – mit meiner 60/70er Jahre Orientierung bin ich da eher etwas abgekoppelt, aber die jungen Pedalbauer, welche die aktuellen Gitarristen der modernen Zeit bedienen, bekommen auf jeden falle mit, was die Stunde geschlagen hat.

Was liegt dir noch auf dem Herzen?
Die Bürokratie mit all den neuen EU Verordnungen & Gesetzen könnten in ihrer Summe abnehmen :-)

Vielen Dank, sehr aufschlussreich. Alles Gute weiterhin für Dich lieber Bernd.




 

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