Yin & Yang stehen für die Gegensätze, auf denen in der chinesischen Philosophie alles in der Welt beruht.
Das schwarz-weiß ineinander verschlungene Symbol weist auf polar entgegengesetzte und dennoch aufeinander bezogene duale Kräfte oder Prinzipien, die sich nicht bekämpfen sondern ergänzen. Zen, ursprünglich auch aus der chinesischen Tradition entsprungen, ist eine in Japan verbreitete Meditationsform des Mahayana Buddhismus. Im Kern geht es darum, den Geist durch Meditation insbesondere durch Sitzmediation zur Ruhe zu bringen und eine Zustand der Konzentration und inneren Stille zu gelangen.
Was will uns Alfonso Hermida, Konstrukteur des Zendrive Pedals vermitteln, als er das Yin & Yang Symbol auf die Faceplate seiner Kreation verewigte und es "Zendrive" nannte?

ALFONSO HERMIDA

Mit seiner Firma Hermida stellt Alfonso Hermida eine erlesene Auswahl an Effektgeräten der Musiker Welt bereit, die sich nicht nur grafisch, das sondern auch tonal von vielen Brands unterscheiden. Als studierter Ingenieur, kennt sich Alfonso bestens mit Elektronik und deren Wirkung aus und sein sensibles Gehör gepaart mit der Möglichkeit, das technisch in Pedal-Form umzusetzen, hat einen außergewöhnlichen Schaffensprozess in Gang gebracht und uns damit einige großartig klingende Pedal-Schaltung zugänglich gemacht.
Sein bekanntes Effektpedal ist sicherlich das Zendrive, das ich in einem DIY Projekt vorstellen möchte. Interessant ist die Entstehungsgeschichte, die Alonso wie folgt beschreibt.
Zitat: "Meine Motivation für die Entwicklung des Zendrive war von Anfang an ein Songausschnitt, den ich kurz im Internet gehört hatte. Der Gitarrensound war beeindruckend, aber ich wusste damals nicht, wer der Gitarrist war oder welches Equipment er benutzte. Mein Ziel war es einfach, diesen Sound zu kopieren. Irgendwann fand ich heraus, wer bei dem Song mitgespielt hatte und welches Equipment er benutzte. Es war "Golden Slumbers" von den Beatles, gespielt von berühmten Gitarristen Robben Ford".
Robben spielte zur der Zeit einen von Howard Dumble entwickelten Verstärker. Alonso hatte leider keinen Zugang zu Dumble Amps und so experimentierte er 5 Jahre an einem Overdrive Pedal Layout, das diesem Sound so nah wie möglich kam. Geboren war das Zendrive, das einen "süßen warmen, cremigen" Drive-Ton erzeugt, wie es nur wenige Konkurrenten vermögen.

ZENDRIVE

Einen Dumble Amp in eine kleine Aluminium Box zu packen, die das tonale Verhalten eines so außergewöhnlichen Amps umfänglich einfängt, ist ein Unterfangen, das aussichtslos erscheint.
Sind die Amps unter Sound-Gourmets gesucht und wechseln für horrendes Geld ihre Besitzer, versuchen alle erdenklichen Pedal-Hersteller, diesen erlesenen Ton mit ihren Mitteln einzufangen und uns "Durchschnittsgitarristen" in Pedalform anzupreisen.
Das Zendrive gehört zu der ersten Generation, der das versucht hat, ist mit Erfolg bis heute beliebt und bei Freunden des außergewöhnlichen Geschmacks im Einsatz. Was aber genau ist der "Dumble -Sound", den einige als "den perfekten Gitarren Sound" auspreisen?

DUMBLE SOUND

Vorab muss ich sagen, dass ich nie einen Dumble Amp gespielt habe und somit meine Informationen ausschließlich aus Recherchen zusammenstelle. Sollte jemand direkt in Kontakt mit einem dieser Amps gekommen sein, möge er mich bitte berichtigen oder anderweitige Anmerkungen beitragen.
Tatsächlich ist es schwierig, "den Dumble Sound" zu definieren, da Alexander Dumble jeden seiner Amps persönlich auf jeden Spieler Zuschnitt. Somit klingen sie alle unterschiedlich.
Interessierte Kunden mussten monatelange Wartezeiten erdulden und bei Empfang eine Erklärung unterzeichnen, dass nach Übergabe des Amps dieser nicht geöffnet oder analysiert werden durfte! Um sicherzugehen, machte Alexander Bauteile unkenntlich oder goss großzügig Epoxidharz darauf.
Rhett Shull, ein bekannter Youtube-Gitarrist beschreibt einen Dumble-Amp wie folgt: "Der Clean Ton ist dreidimensional, mit herrlich schimmernder Oberton Struktur, der niemals harsch klingt. Der legendäre Drive Ton ist wunderbar aggressiv und cremig zugleich. Mit einem Wort HUGE".
Joe Bonamassa berichtet: "Der Amp klingt so sauber und artikuliert, dass er schlechtes Spiel hervorhebt, weshalb der Verstärker definitiv nicht für jeden geeignet ist. Das mag am ausgeprägten Mittenbereich und der Höhen Anschlagsempfindlichkeit liegen".
Robben Ford der Alonso Hermida zu seinem Zendrive inspirierte sagte zu seinem Dumble Amp: "A perfect sonic curve, the lows are deep and rich but not unclear, it doesn't mush out like some amps will. You have the frequencies there for your use. The mid range punchy and clear, but doesn't hurt your ears.its loud but it sounds good".
Das lasse ich mal so stehen. Bleibt mir ja auch nichts anders übrig, da ich eben nie einen Dumble gespielt habe und höchstwahrscheinlich auch nie spielen werde. Natürlich ruft das wie bei allen Pedalen auch Nachahmer auf den Spielplatz, die mehr oder weniger versuchen, diesen einzigartigem Ton mit ihren Mitteln nachzubilden. Das funktioniert eingeschränkt, ein paar Prozent fehlen dann doch immer.
Leider ist Alexander Dumble im Jahre 2022 verstorben und hat sein Wissen um seine legendären Amps mit ins Grab genommen. Diejenigen die einen seiner Amps in Besitz haben, erfreuen sich einer sagenumwobenen Sound-Box und haben zugleich eine beruhigende Altersvorsorge.

SAMURAI "Zendrive"

Ich habe ein Zendrive Layout im Netz gefunden, das sich nah am Original orientiert und sollte folglich auch ähnlich klingen. Da tummeln sich erstaunlich wenige Bauteile auf der PCB, alle Komponenten sind gut auf dem freien Markt erhältlich, was das Gesamtpaket erschwinglich hält. Technisch gesehen ist nichts spektakuläres erkennbar, das Zusammenlöten gestaltet sich unkompliziert. Als Opamp ist im Original ein AD712 verbaut, ich habe einen NE5532 verwendet, der klanglich hervorragend ins Konzept passt.
2 Stück 2N7000 Mosfet Transitoren bilden mit 2 Stück Bat41 und einer Germanium Diode die Clipping Stage des Pedals. Da kann man je nach individuellen Sound-Vorstellungen noch spielen, ich habe das so belassen, da das Layout in sich stimmig scheint. Ich hatte noch Kohle-Schicht Widerstände, die technisch gesehen die schlechtere Wahl sind, allerdings schick aussehen und unauffällig in der Schaltung ihre Arbeit verrichten.
Die Poti Belegung ist mit Volume und Gain selbsterklärend, interessant ist das Zusammenspiel der beiden Regler Tone und Voice. Tone ist eine passiver Tonregler, der gegen den Uhrzeigersinn gedreht Höhen subtrahiert. Voice kombiniert 2 Funktionen: Es beeinflusst den Bassbereich und Gain gleichzeitig. Dreht man das Poti im Uhrzeigersinn, nimmt der Bassanteil ab und addiert Gain. Umgekehrt, fügt man Lowend hinzu und der Gainanteil wird reduziert. Laut Alfonso dient das zur Anpassung des Pedals an verschiedene Amps. Je nach Voice-Poti-Stellung, können die Regler Gain und Tone mit ins Geschehen eingreifen.
Diese Interaktion der 3 Potis Gain, Tone und Voice bedarf einiger Einarbeitungszeit und erschließt sich nicht von Anfang der Logik. Im Prinzip stellt man seinen Wunsch Sound mit den 3 Potis V, G, T ein und ergänzt mit Voice eine Art "intelligente Presence" Schaltung, so meine Interpretation.
In der Praxis lässt sich das erheblich einfacher umsetzen, wie ich das hier beschrieben habe. Letztendlich entscheidet ja das Gehör und die individuellen Sound-Vorstellungen des einzelnen.

SOUND

Das Zendrive ist eine Mosfet basierende Schaltung und da fiel mir ein, dass ich mit dem Blackstone Appliance Overdrive-Pedal noch ein Mosfet Drive Pedal im Sortiment habe, dass ich im direkten Vergleich herangezogen habe.
Mosfet Layouts werden oft als sehr natürlich musikalisch klingende Drive Pedale beschrieben, die ein sehr Röhren-ähnliches Hör- und Spielgefühl vermitteln.
Das Blackstone setzt da Maßstäbe im Marshall JTM/Plexi Bereich. Auffallend dabei ist der "Dynamic Response" den man bei im Sweetspot eingestellte Röhren Amps so schätzt. Verblüffend ist, dass das Pedal die Zerrstruktur bei zunehmenden Volume/Gain, ähnlich einem Röhren Amp bei niedrigen Einstellungen, glasig und schlank, bei höheren Settings fett und Mitten- betont klingen zu lassen. Dabei bietet das Blackstone eine überragedes Cleanup.
Somit ist dynamisches Spielen mit dem Pedal eine wahre Freude. Dem Pedal hat man ein ausgeprägtes Bass-Fundament spendiert, das in Bass-starken Amps gespielt, problembehaftet sein kann. Das Zendrive hat auch diesen natürlich warmen Drive-Ton, mit toller Anschlagsdynamik. Es ist deutlich aufgeräumter im Lowend, allerdings nicht so "schwachbrüstig" wie beispielsweise ein Tubescreamer.
Die Betonung liegt klar im Mitten-, speziell im Tiefmitten-Spektrum. Das macht den Sound enorm fett, fleischig und rund. Wo oft andere Zerr-Pedale den Bass-Bereich betonen und gerade im Höhen-Bereich überpräsent, schrill und dünn agieren, bleibt das Zendrive gleichmäßig dick und tragend über alle Saiten. Gerade die hohen Saiten klingen beim Blackstone "Marshall-like" agressiv und bissig, nicht so beim Zendrive. Selbst bei weit zurück gedrehtem Volume-Poti der Gitarre, bahnt sich ein füllig breiter dreidimensionaler Ton durch den Amp in den Speaker und das über alle Saiten. Die Artikulation bleibt dabei komplett erhalten, das Sustain ist überdurchschnittlich. Großartig, das kannte ich so nicht. Man hat wirklich den Eindruck, das man direkt in einen "schön angezerrten" Amp spielt, die Zerrstruktur des Pedals vereint sich harmonisch mit dem Amp-Ton. Hier kann man getrost den viel zitierten und überstrapazieren Begriff "musikalisch" verwenden.

Erstaunlich, das Alfonso Hermida allein seinem Gehör folgend, diesen Ton in einem Effekt-Pedal verewigen konnte und das mit einer Handvoll ausgesuchter Bauteile!
Ich habe mir zum Vergleich noch einige Robben Ford-Songs herangezogen und konnte tatsächlich einen ähnlichen Ton mit meinem Setup und dem Zendrive nachbilden. Die Stärken des Zendrive sind meinem Empfinden nach die Low/Mid-Gain Drive-Sounds mit Tone/Voice Poti Einstellungen um 12 Uhr. Manche behaupten, es habe nur einen Sound und ist nicht sehr flexibel in der Anwendung.
Ganz ehrlich, das sind doch die meisten Zerr-Pedale. Jeder hat seine favorisierte Einstellung und belässt das dann so oder fixiert sogar dauerhaft die Potis.
Wie Dumble-Amps spielt auch das Zendrive in einer eigenen "Sound Liga", man muss sich mit dem Ton auseinander setzen und anfreunden. Er ist ein formidabler Andicker und Ohren Schmeichler. Ein Schöngeist, der sich vor nahezu jedem Clean/Light Overdrive Amp am wohlsten fühlt. Nein, nicht jedermanns Sache, wer Freude an den musikalischen Darbietungen von beispielsweise Robben Ford, Peter Frampton, Larry Carlton, Joe Bonamassa, John Mayer, Eric Johnson - um nur einige Dumble Amp User zu nennen - hat, wird schnell den Zendrive in die engere Auswahl einbeziehen, wenn es um den "bezahlbaren Dumble Ton" geht.
Lovepedal bietet das Pedal noch in einer "Limited Run Edition" an, allerdings muss man da schon tief in die Tasche greifen.
Ok, im Vergleich zu einem Original Dumble, Peanuts.

DESIGN

Um den Bogen zu Yin & Yang und Zen zu schlagen, habe ich mich für mein Grafik-Design einer weiteren japanischen Institution bedient. Die Samurai waren Meister der Schwertkunst und hoch angesehen in Diensten Adeliger beschäftigt. Wörtlich übersetzt bedeutet Samurai "derjenige der dient".
In meinem Fall erfüllt nicht nur das Gehäuse Design, sondern gerade das von Alfonso Hermida entworfene Platinen Layout "dient" als Sound-Veredler meinem Marshall SV20 und hebt ihn ein kleines Stück in Richtung Dumble Heaven.
Obwohl Jazz/Fusion/Blues nicht zu meiner Grundausbildung gehören, muss ich aufgrund der neu gewonnenen Sounderweiterung den Dumble Sound in mein Reportoire aufnehmen und erstmal in der Aluminium Box Version auf mich wirken lassen.
Vielleicht kann man auch die Assoziation des Zendrive Pedals zur japanischen Kultur mit dem absoluten Perfektionsdrang der Japaner erklären. Diese bedingungslose Hingabe und Bereitschaft, das maximal Mögliche in allen Belangen des Lebens zu erreichen, ist bemerkenswert. Alfonso Hermida hat sich diesen Geist zunutze gemacht, ein Schmuckstück geschaffen, das wie ich finde zu Unrecht ein Schattendasein fristet. Gut, der hohe Preis trägt dazu bei, mit ein wenig Geschick und Erfahrung lässt sich das Pedal aber auch in Eigenregie umsetzen.
Gerade bin ich auf die Zendrive V2 Version aufmerksam geworden. Das ist das klassische Zendrive Layout mit einer 12AX7 Röhre als Clipping Stage. Wird wohl mein nächstes Projekt ;-)

zendrive diy

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