von Heinz Rebellius

Fender Player Plus Stratocaster (2021)

Achtung, schon wieder eine Strat - und dann auch noch in einer Farbe namens Tequila Sunrise! Der gleichnamige Song schrieb zufällig den Soundtrack meiner Jugend mit, aber die Fender-Marketer hatten mit Sicherheit nicht den Hit der Eagles im Sinn, als sie dieser neuen Farbe ihren Namen gaben. Vielmehr stand hier eindeutig der bekannte bunte Cocktail Pate, wenn man sich diese gelbrote Erscheinung anschaut.
Anlässe wie z.B. das 75jährige Jubiläum der Firmengründung sind immer willkommen, um das bekannte Strat- oder Tele-Angebot mal mehr, mal weniger sinnvoll zu strecken. So erschien dann 2021 die neue Player-Plus-Serie, in der vier Gitarren- und drei Bassmodelle eine Art Wiederauferstehung alter Fender-Klassiker feiern. Und das in schön Bunt!
Lange wurde nicht gefeiert, denn in diesem Jahr bereits verschwand die Player-Plus-Serie aus dem Sortiment, bzw. wurde durch die Player II (bzw. Player II Modified) -Serie ersetzt.


Rückwärts

Beamen wir uns mal zurück ins Jahr 1986. Die damals neu vorgestellte American Standard Stratocaster hatte der noch auf wackligen Beinen stehenden, jungen Post-CBS-Firma Fender über Nacht Kopf und Kragen gerettet. Ihr Konzept, den bekannten Vintage-Stil mit zeitgemäßen Features auf Neuzeit-Niveau zu hieven, traf voll ins Schwarze und spülte jede Menge Dollars in die noch klamme Firmenkasse. Der nächste Evolutionsschritt folgte bereits ein Jahr später in Form der Stratocaster Plus, die für den Profi mit Features ausgestattet war, die den Studio- und Bühnenalltag erleichtern sollten: Locking-Mechaniken, LSR-Rollen-Sattel und moderne, kaum noch brummende Pickups von Lace Sensor.

Diese Trilogie von Vintage, Standard und Plus, die in Fullerton/USA stattfand, wiederholte sich später in Ensenada/Mexiko, nur dass die Instrumente nun Classic Player, Player und Player Plus heißen. 2018 hatte die Player Series, ähnlich ausgestattet wie damals die Standard Stratocaster, die Vintage orientierte Classic Player Series abgelöst. Die Instrumente der Player Series entpuppten sich schnell als Bestseller des Mexiko-Programms, waren sie doch die günstigsten ihrer Art mit dem Fender-Logo auf der Kopfplatte. Dieser Player Series wurde 2019/20 eine Player-Plus-Variante zur Seite gestellt, die dank einiger Upgrades die Performance erleichtern soll.

Diese neue Serie überraschte mit einem Plus an ziemlich ungewöhnlichen Farben und einer Marketing-Strategie, die nicht etwa den typischen Strat-Spieler in den Fokus setzte, sondern die so genannte digitale Generation, wie die Fender-Presseerklärung verrät. Ich zitiere: „As digital platforms like TikTok have opened up new pathways for artists to find worldwide audiences, Fender has designed Player Plus for the generation leading the charge: both online and as live music begins to roar back after its hiatus.“ Und kündigt die Zusammenarbeit mit Musikerinnen und Musikern an, die insbesondere in den Social Medias für Furore sorgen, wie z. B. das Bass/Drums-Duo Blu DeTiger, Country-Sängerin Hannah Dasher, Gabriel Garzón-Montano, die Punker:innen von The Destroy Boys und die wirklich schrillen, großartigen Nova Twins. Eine extrem bunte Mischung cooler, neuer Acts, die ich allerdings eher dem Jazzmaster/Jaguar/Mustang-Lager zuordnen würde.



Die neuen Eigenschaften der Player-Plus-Serie waren:
  • Backlocking-Mechaniken
  • reibungsarmer Saitenniederhalter
  • Fender Noiseless Pickups
  • Push-Pull-Funktion zur Zuschaltung des Hals-Pickups

Das Zwei-Punkt-Vibratosystem, der seidenmatt lackierte one-piece Ahorn-Hals mit 12“-Griffbrettradius und die Medium-Jumbo-Bünde waren schon Bestandteile der Player Serie und passen natürlich bestens in das aufgewertete Konzept der Player-Plus-Serie.


Playing Plus

Was für ein großartiger Hals! Nicht fett, nicht mager - sondern einfach nur schön! Dieses C-Profil mit gefühltem Hang zu einem V liegt wunderbar in der Hand und fühlt sich einfach rundum nach Strat an. Irgendwie nach Clapton…sorry, TikTok. Die gelungene Verrundung der Griffbrettkanten und die werksseitig flache Saitenlage begünstigen ein butterweiches Bespielen dieser hellen Planke und ja, es macht richtig Spaß, sich hier loszulassen! Auch das Zwei-Punkt-Vibratosystem zeigt durch direktes, dynamisches und sensibles Wobbling eindrucksvoll, warum es eine absolute Existenzberechtigung neben dem Vintage-Trem hat. Dank der Locking-Mechaniken und dem gut gekerbten Sattel gibt es zudem keine Verstimmungsprobleme. Der Trem-Arm hat Vintage-Format (dünn, nicht zu lang, leicht gebogen), wird klassisch eingeschraubt und liegt super in der Hand. Allerdings neigt er systembedingt je nach bevorzugter Fix-Position zum Klackern im Gewinde. Es gibt ja andere Vibratosysteme auf dem Markt, die die Armaufnahme besser gelöst haben. Wen dieses Klackern und u. U. positionsfreie Schlackern stört, kann eine kleine Feder, die es im Handel gibt, in den Gewindeschacht einführen. Die drückt dann von unten gegen den Arm, hält ihn in Position und unterbindet das Klackern. Und wo wir gerade schon bei der Arbeit sind: Der Tremolo-Block ist aus Zinkguss - ein Austausch gegen einen Stahl- oder Alu-Block könnte sich klanglich durchaus positiv auswirken.

Schön, dass der Steg-Pickup sein eigenes Ton-Poti erhalten hat, denn das macht ja nun wirklich Sinn. Dieses zweite Tone-Poti bietet zudem eine Push-Pull-Funktion, über die der Hals-Pickup allen anderen, über den 5-Weg-Schalter angewählten, Positionen zugeschaltet werden kann. Auch das macht Sinn, denn so ist z. B. der beliebte Hals-plus-Steg-„Tele“-Sound wie auch die „Braucht-das-überhaupt-jemand?“-Situation möglich, in der alle drei Pickups an sind. Schade nur, dass man die Pull-Funktion dank des dafür nicht besonders gut geeigneten, klassischen Potiknopfs schlecht aktivieren kann - man rutscht einfach schnell ab, insbesondere dann, wenn die Finger nicht mehr trocken sind. Hier würde ich mir mit einem aufgestülpten Gummiring oder Ähnlichem behelfen oder gleich einen griffigeren Poti- wie z. B. einen Dome-Speed-Knopf montieren.


Die komplette 2021 Player Plus Serie

  1. Player Plus Stratocaster
    Farben: 3-Color Sunburst, Olympic Pearl, Aged Candy Apple Red, Tequila Sunrise und Opal Spark

  2. Player Plus Stratocaster HSS
    Mit Fender Player Plus Humbucker im Wide-Range-Look, Palisander-Griffbrett und Split-Funktion. Interessantes Detail: Das Vibratosystem kommt hier mit Stahl-Saitenreitern
    Farben: 3-Color Sunburst, Belair Blue, Cosmic Jade und Silverburst

  3. Player Plus Telecaster
    Mit Push-Pull-Funktion zur Serienschaltung beider Pickups, Palisander Griffbrett und einer Brücke mit sechs Einzelreitern aus Stahl
    Farben: 3-Color Sunburst, Cosmic Jade, Silver Smoke und Aged Candy Apple Red

  4. Player Plus Nashville Telecaster
    Mit zusätzlichem Strat-Pickups in der Mittelposition und Push-Pull-Funktion, um den Hals-Pickup zu jeder Position zuschalten zu können. Ebenfalls mit einer Brücke mit sechs Einzelreitern aus Stahl
    Farben: 3-Color Sunburst, Butterscotch Blonde, Opal Spark und Aged Candy Apple Red

  5. Player Plus Active Precision Bass
    Mit aktiver Dreiband-Klangregelung, Aktiv-/Passiv-Schaltung und Fender HiMass-Brücke
    Farben: Silver Smoke, Cosmic Jade, 3-Color Sunburst und Olympic Pearl

  6. Player Plus Active Jazz Bass
    Mit aktiver Dreiband-Klangregelung und Fender HiMass-Brücke
    Farben: 3-Color Sunburst, Olympic Pearl, Belair Blue und Aged Candy Apple Red

  7. Player Plus Active Jazz Bass V
    Mit aktiver Dreiband-Klangregelung und Fender HiMass-Brücke
    Farben: 3-Tone Sunburst, Cosmic Jade, Opal Spark und Tequila Sunrise


No Noise, No Fun?

Zum Thema „Brummfreie Singlecoils“ sind Kapitel um Kapitel geschrieben und Erfindungen um Erfindungen erfunden worden. Mit dem Ergebnis, dass mittlerweile die brummfreie Lösung in der Regel als guter Kompromiss akzeptiert wird.
Die Entscheidung für brummfreie Strat-Pickups ist einzig vernunftgeprägt. Keiner baut sich aus klanglichen Gründen solche Pickups in seine Strat. Genau deshalb ist es müßig, beide Spezies klanglich zu vergleichen. Die Frage ist also nicht, was besser klingt, sondern: was will ich?

Die Noiseless Pickups dieser Player-Plus-Strat machen genau den Job, für den sie erfunden wurden. 1. Sie brummen nicht. 2. Sie klingen eindeutig nach Strat, sie bringen den speziellen Klangcharakter dieser ikonischen Gitarre auf den Punkt rüber.
Wenn ich in meinem stillen Kämmerlein meine Strat mit Vintage-Pickups mit der gelbroten Player-Plus-Schwester vergleiche, zeigen sich diese „newly voiced“ (Fender PR) Noiseless Pickups wie erwartet mit einer gewissen Zurückhaltung. In Nuancen (!) wird nicht die Frische und die Spitzigkeit erreicht, die mir die andere Gitarre bietet.
Steht man aber wie ich am letzten Samstag mit eben mit dieser Vintage-Strat auf einer Bühne, über der u. a. Neon-Röhren hängen, dann sehnt man sich doch sehr nach einer Strat mit Noiseless Pickups. In den Song-Pausen das Volume runterdrehen, in leisen Passagen gar das Tone-Poti zurückregeln, damit das Brummen nicht allzu sehr stört. In genau diesem Fall wären mir die brummfreien Pickups tausendmal lieber gewesen als meine vielleicht etwas feiner auflösenden Vintage-Typen.

Auch wenn Puristen nach wie vor die Nase rümpfen, gibt es genau wie beim Zwei-Punkt-Vibratosystem 1001 gute Gründe, die für Noiseless Pickups sprechen. Dies gilt vor allem dann, wenn sie so gut klingen wie in dieser Gitarre. Denn unter dem Strich haben wir hier Pickups, die die Charakteristik typischer Singlecoils grundsätzlich hervorragend wiedergeben. Offen, transparent und schön kehlig in den Zwischenpositionen. Lediglich der Steg-Pickup klingt im cleanen Amp-Betrieb etwas brav und steif. Doch je mehr Zerre ins Spiel gebracht wird, relativiert sich dieser Eindruck und der Pickup macht auch bis hin in hohe Zerrgrade einen druckvollen, präsenten und richtig guten Eindruck. Da gibt es nicht wenige „richtige“ Einspuler auf dem Markt, die sich hier auch klanglich hinten anstellen müssen.


Fazit

Mit der Player-Plus-Serie hatte Fender das Mexiko-Programm 2021 um den nächsten logischen Schritt erweitert. Das reine Vernunftkonzept, das den neuen Instrumenten zugrunde lag, lieferte dabei eine beeindruckende Performance. Der exzellent spielbare Hals, ein weitestgehend stimmstabiles Vibratosystem, die schnelle, dynamische Ansprache, ein langes, singendes Sustain und drei Noiseless-Pickups, die die typische Fender-Sprache auch in kritischen Umgebungen brummfrei und stilsicher sprechen, sind richtig gute Argumente. Und das alles in einem in Mexiko geschnürten Paket zu einem richtig guten Preis!
Wie gut, dass man neben all den neuen schrägen Farben auch Varianten klassischer Lackierungen wie z. B. Aged Candy Apple Red oder Aged Olympic Pearl aufgelegt hat. Denn so wurde die Player-Plus-Strat auch für den Strat-Opa interessant!


Die Fakten

Hersteller: Fender
Modell: Stratocaster Plus
Typ: Solidbody-E-Gitarre
Gebaut in: Mexiko
Mechaniken: Fender, backlocking
Hals: one-piece-maple
Sattel: Kunststoff
Griffbrett: Ahorn
Radius: 12“
Halsform: C
Halsbreite: Sattel 43 mm; XII. 51 mm
Halsdicke: I. 20 mm; V. 22 mm; XII. 22 mm
Bünde: 22, Medium Jumbo
Mensur: 648mm
Korpus: Erle
Oberflächen: PUR-Lackierung, Tequila Sunrise
Schlagbrett: weiß, dreischichtig, 11-Loch-Befestigung
Tonabnehmer: 3x Fender Noiseless (Hals: 10,6; Mitte: 10,8; Steg: 11 kOhm)
Regler-Layout: Master-Volume, 1x Tone für Mittel- und Hals-Pickup, 1x Tone für Steg-Pickup, Push/Pull-Funktion zum Zuschalten des Hals-Pickups
Steg: Fender 2-Punkt Vibratosystem
Hardware: verchromt
Gewicht: 3,7 kg
Kommt mit: Gigbag
(Laden-)Preis in 2021: ca. 950 €
Gebrauchtpreis von heute: zwischen 600 und 800 €


Pro

Konzept
Ansprache
Sustain
Spielgefühl
Performance
Brummunterdrückung
frische Farben

Kontra

rutschiges Push/Pull-Poti

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