von Thorsten Käsekamp

Wenn man als Gitarrist nach einer Lösung sucht, die sowohl „Amp-Feeling“ als auch moderne Effekt- und Anschlussmöglichkeiten vereint, dann zieht man zwangsläufig in Erwägung, ob ein kompaktes Gerät nicht die altbekannte Kombination aus Amp + Pedale + Lautsprecher ersetzen kann. Genau dort setzt der CHUCK von Underdog an – ein Bodengerät im Floor-Format, das mehr sein will als nur ein Preamp oder ein Modeling-Kasten: Es bietet eine echte Röhrenschaltung im Vorverstärker-Teil, kombiniert mit digitalen Effekten, reichhaltiger Konnektivität und einer kompakten Bauweise. In diesem Bericht schaue ich mir Verarbeitung, Haptik, Klang und Möglichkeiten an.

Erster Eindruck

Vom ersten Moment an fällt auf, dass CHUCK kein leichtgewichtiger Billigaufbau ist sondern ein robustes Gehäuse im Floor-Format "made in germany".
Beim Abtasten spürt man solide Metallelemente, die Bodeneinheit wirkt Zubehör-tauglich (für Live-Einsatz) und hat vernünftige Größenmaße. Laut Händlerangabe ca. Tiefe 156 mm, Breite 500 mm, Höhe 65 mm – Gewicht etwa 3,2 kg.
Sämtliche Anschlüsse (Input, FX-Loop, Speaker, USB, Kopfhörer, XLR, MIDI) sind sauber ausgeführt. Das Dreh­/Taster‐Interface wirkt auf den ersten Blick etwas technisch, aber nicht überfrachtet.
Klare Beschriftungen auf weißer Oberfläche – keine überflüssige „Spielerei“, sondern gezielte Gestaltung. Der Drehregler hat ausreichende Wegstrecke und eine präzise Rückmeldung. Die Gummi-Standfüße unten wirken stabil. Insgesamt vermittelt der CHUCK eine ordentliche Haptik: Das Teil wirkt nicht billig zusammengeschustert, sondern wurde offenbar mit Blick auf ernsthaften Einsatz konzipiert.

Klang und analoge Röhren

Der wohl spannendste Aspekt des CHUCK ist die Verwendung einer echten Hochspannungs-Röhre im Vorverstärkerteil - „real tubes, real sound“ - wie es der Hersteller ausdrückt. Diese analogen Röhren verleihen dem Gerät das organische Klangverhalten eines Röhrenamps: Wärmere Klangfarbe, harmonische Obertöne, dynamische Ansprache auf Anschlag und Spielweise. In Zeiten, in denen oft nur digitale Nachbildungen von Röhrenklang zu finden sind, hebt sich der CHUCK hier deutlich ab.

Beim Spielen merkt man: Clean-Sounds besitzen mehr Leben, mehr „Atmung“, als es viele rein digitale Lösungen bieten. Übersteuerung reagiert geschmeidiger, sustain verlängert sich etwas, das Signal schwingt angenehmer. Im Overdrive-/Distortion-Bereich kommt das klassische Röhrengefühl: man kann mit dem Volumen des Instruments arbeiten, Dynamik ausreizen und bekommt nicht eine sterile Zerre, sondern eine organische Aggression.
Die Kombination mit digitaler Endstufe (Class-D Poweramp) ermöglicht eine vielseitige Nutzung – ob über Box, PA oder Kopfhörer.

Kurz gesagt: Wer auf Röhrenansprechen steht, bekommt mit dem CHUCK eine sehr überzeugende Umsetzung – insbesondere wenn man den Cleanbereich nutzt oder moderate Zerre mit viel Charakter sucht. Für brachiale High-Gain-Massaker muss man aber die Leistungs-Limiten berücksichtigt wissen.

Soundmöglichkeiten & integrierte Effekte

Neben dem Röhrenvorverstärker zeigt sich der CHUCK als echtes All-In-One-System: Neben den Röhren sind vier integrierte Effekte enthalten – Reverb, Delay, Chorus und Wah.
Darüber hinaus gibt es ein IR-Loader-Modul mit 12 Factory-IRs (es lassen sich jedoch auch eigene IR´s hinzufügen) für Lautsprechersimulationen, USB-Audio-Interface (2 In/2 Out), MIDI-Din, Kopfhörer-Ausgang und XLR-Line-Out.
Für den praktischen Gitarristen bedeutet das: Pedalboard-Reduktion möglich – man braucht ggf. keine separaten Reverb/Delay/Chorus-Pedale mehr, sondern kann direkt im Gerät arbeiten. Presets lassen sich speichern (7 Voreinstellungen laut Info) – so kann man schnell zwischen Clean, Crunch & Lead wechseln.
Im Demo-Video wurde zwischen einem spitzen Clean, einem mittleren Crunch und einer Lead-Zerre hin-und her geschaltet. Der Reverb schmeichelt dem Klang durchaus, das Delay ist klar und nutzbar, der Chorus dezent eingebunden und das Wah funktioniert gut als Fußschalter-Effekt. Die IR-Option ermöglicht direktes Ansteuern einer PA oder eines Kopfhörers – ideal fürs Proben zuhause oder für Recording.
Die Flexibilität überzeugt: Ob Wohnzimmer, Studio, kleiner Club – der CHUCK lässt sich adaptiv einsetzen. Der Anschluss-Reichtum macht ihn sehr modern. 

Ein kleiner Hinweis: Weil es nicht primär ein reines Modelliergerät ist, sondern ein Hybrid (Röhre + digitale Effekte), wird man keine modellierten Verstärker-Klassiker im Übermaß finden – das Konzept ist eher „echter Röhrenvorverstärker mit digitalen Effekten“ als „vollmodellierter Amp-Simulator“. Das kann für manchen Nutzer genau das Richtige sein – für andere, die möglichst viele Amp-Kopien wollen, vielleicht weniger.

Praxistest

Für Gitarristen, die viel unterwegs sind, kleine Auftritte spielen, zuhause üben oder im Homestudio arbeiten, ist der CHUCK eine interessante Lösung. Statt schwerem Combo-Amp plus Pedalboard plus Lautsprecher kann man mit ihm leicht reisen, zuhause spielen und trotzdem echten Röhrenklang nutzen. Die Präsenz beim Recording ist überzeugend: Das Signal kommt “rund” durch, mit guter Dynamik und ohne digital klingenden Artefakten. Der Sound klang erstaunlich „richtig“, nicht steril, wie man es vielleicht von digitalen Effekten erwarten würde. Vor allem die von den analogen Röhren angezerrten Sounds im Crunch- und Lead-Kanal fühlen sich erstaunlich "echt" an und machen richtig Spaß.
Auch das Setup-Verhalten war angenehm: Man braucht keine stundenlange Menü-Navigation für die integrierten Effekte, sondern kann schnell einen Sound einstellen und loslegen – besonders praktisch wenn der Fokus aufs Spielen gerichtet ist und nicht auf Klangforschung. Alle Grundsounds und Funktionen lassen sich daher leicht und intuitiv einstellen. Wer sehr oft Presets wechselt oder komplexe Effektketten bauen will, für den liefert das gut aufgebaute Handbuch schnelle Hilfe für die tiefer liegenden Funktionen.

Die vier integrierten Effekte lassen sich schnell und geräuschlos dazuschalten. Das Reverb klingt kristallklar und auch das Delay sowie der Chorus machen einen fantastischen Job und klingen zu keinerzeit aufdringlich. Lediglich das Autowah zeigte nicht ganz die gewünschte Dynamik und konnte beim Test daher nicht 100%ig überzeugen, aber das ist natürlich Geschmackssache.

Positiv aufgefallen ist, dass sich am CHUCK eine Box anschließen lässt, allerdings ist die Leistung der eingebauten Endstufe mit 4 Ω / 25W limitiert, 8 Ω oder 16 Ω wäre sicher etwas praktikabler gewesen. Für kleine Gigs oder Heimgebrauch reicht das problemlos, für größere Bühnen oder laute Fullstack-Setups könnte das jedoch eine Herausforderung sein. Man könnte also schnell an die Grenzen geraten, wenn man mit Lautsprechern in hoher Lautstärke arbeitet.

Der Preis von etwas über 1.600 € (Stand 10/2025) ist zwar kein Schnäppchen, allerdings bekommt man hier echte Röhrentechnik, reichlich digitale Features und Anschlussvielfalt, sodass das Gesamtpaket an Flexibilität und Klangqualität den Preis ganz gut reflektiert. Bei vergleichbaren Geräten mit echten Röhren + digitalen Funktionen landet man ebenfalls schnell im hochwertigen Segment.
Für viele Gitarristen dürfte sich der Preis lohnen, wenn man entweder eine All-in-one-Lösung sucht oder das Gewicht vom tourfähigen Setup reduzieren möchte. Wer jedoch primär nur ein digitales Multi-Effektgerät oder eine einfache Röhrenvorstufe sucht, müsste sich fragen, ob der Preis gerechtfertigt ist.

Fazit

Der Underdog CHUCK ist eine sehr spannende Lösung für Gitarristen, die echte Röhrenansprache suchen in Kombination mit moderner Anschluss- und Effektvielfalt. Verarbeitung, Haptik und Klang überzeugen auf hohem Niveau – insbesondere im Clean- und Crunch-Bereich fühlt man sich sofort zuhause. Wer zuhause, im Studio oder in kleinen bis mittleren Live-Umgebungen unterwegs ist, bekommt mit dem CHUCK ein Setup-reduzierendes Gerät, das hervorragend funktioniert.
Wer hingegen sehr hohe Lautstärken fährt, große Bühnen beschallt oder möglichst viele Amp-Klassiker-Simulationen will, muss die Leistungs-Limiten und Bedienungsdetails im Blick haben. Preislich befindet sich das Gerät im Premiumsegment – dennoch bietet es gegenüber „nur“ digitalen Lösungen einen echten Mehrwert durch die Röhrentechnik und die hochwertige Ausstattung. Für dein Rig kann der CHUCK ein echtes Highlight darstellen: eine smarte Allround-Lösung mit Röhrenherz.

Pro:

  • Echtes Röhren-Vorverstärkersignal mit organischer Ansprache
  • Integrierte digitale Effekte (Reverb, Delay, Chorus, Wah) ohne separate Pedale nötig
  • Umfangreiche Anschlussmöglichkeiten (USB, MIDI, XLR, Kopfhörer, Speaker Out)
  • Kompaktes Floor-Format, reduzierte Setup-Komplexität
  • Gute Klangqualität
  • Preset-Speicher und IR-Loader – flexible Einsatzmöglichkeiten (Studio, Bühne, Heim)
  • Solide Verarbeitung, made in Germany, hochwertige Haptik

Contra:

  • Begrenzte Ausgangsleistung / Endstufe im Vergleich zu klassischen Röhren-Combos – bei großen Bühnen eventuell unterdimensioniert
  • Hoher Preis – nicht unbedingt sinnvoll, wenn man bereits ein gutes Amp/Pedal-Setup besitzt
  • Der AutoWah-Effekt konnte nicht 100%ig überzeugen

underdog-audio.de

Abonniere unseren Newsletter:

Nach der Anmeldung erhältst Du per E-Mail einen Aktivierungslink (Double Opt-In) zur Bestätigung.

Pedalboard.org on facebook   Pedalboard.org on instagram   Pedalboard.org kontakt


pb logo black
Wir benutzen Cookies
Durch das Klicken des „Zustimmen“-Buttons stimmen Sie der Verwendung von Cookies zu und erlauben die automatische Verbindung sowie evtl. Weitergabe Ihrer IP-Adresse zu Servern Dritter (z.B. Google). Dies ist nötig, um Inhalte anzuzeigen und wiederzugeben wie z.B. YouTube-Videos. Wenn Sie dies nicht wünschen, klicken Sie auf "Ablehnen". Jedoch können manche Inhalte auf dieser Webseite dann nicht angezeigt werden.