von Holle Humbuck

Wer hat´s erfunden? Die Schweizer... Die bei Basel ansässige Boutique-Schmiede RhPf Electronics gibt es wohl erst seit Ende 2024/Anfang 2025 - also gerade erst ein Jahr - und dafür haben sie bereits eine breite Palette an Effektgeräten im Repertoire. Heute geht es um ihr erstes Pedal, das Mosferatwo, ein Mosfet Overdrive-Pedal mit einigen Möglichkeiten.


Erster Eindruck

Schon das Auspacken des Mosferatwo fühlt sich an, als würde man ein bewusst gestaltetes Boutique-Produkt in den Händen halten. Die Verpackung wirkt schlicht, trotzdem hochwertig. Das Pedal selbst kommt sicher verpackt in einem mit dem Logo bedruckten Stoffbeutel, des weiteren liegen in dem Karton ein kleines Manual sowie einige Goodies wie Schlüsselanhänger, Plektrum, Aufkleber und Visitenkarte. Außerdem 4 Klebepunkte für die Pedalunterseite für alle, die aufs gute Velcro verzichten und das Pedal rutschfest auf den Boden stellen wollen.
Nichts klappert, nichts riecht unangenehm nach Lösungsmitteln, und auch das beiliegende Manual zeigt, dass RhPf Electronics Wert auf kurze und klare Informationen legt. Dieser erste Moment setzt direkt den Ton: bodenständig, detailverliebt und auf Gitarristen zugeschnitten, die ehrliche Werkzeuge bevorzugen.

In diesem MOSFET-Pedal steckt ein gut durchdachtes Konzept. Der Drive-Knopf ist nicht einfach nur ein Gain-Poti: Er ist mit mehreren miteinander verknüpften Verstärkerstufen aufgebaut, was schon erahnen lässt, wie warm, flexibel und dynamisch das Pedal ist. Der Drive-Regler geht vom Boost über ein schönen Overdrive bis hin zu fettem Distortion.
Direkt daneben sitzt der Focus-Regler, dieser formt nicht nur die Frequenz, sondern verändert auch das Spielgefühl. Im Inneren der Schaltung liegt nämlich ein intelligentes System: Im ersten Abschnitt mischt der Focus tiefe Frequenzen zu, was den Klang fetter und kräftiger macht; im zweiten Abschnitt hebt er die Höhen an, macht das Spiel knackiger und sehr reaktiv auf die Anschlagsdynamik. Ergänzt wird das Ganze durch Heart und Bite, zwei gezielt abgestimmte EQ-Regler: Heart bringt wahlweise zusätzliche Fülle im Low- oder Low-Mid-Bereich (mit zwei schaltbaren Mitten: 120 Hz oder 320 Hz), während Bite dir die Kontrolle über Präsenz und Durchsetzungskraft ermöglicht, mit Mitten um 1 kHz oder 5 kHz wählbar. Den Abschluss macht der Level-Knopf, mit dem du die Gesamtlautstärke einstellst – hier hast du genug Headroom, um das Pedal nicht nur als Overdrive, sondern sogar als traditionellen Boost einzusetzen.
Der Stromverbrauch wird unkonkret mit < 30 mA angegeben, laut Messung braucht der Mosferatwo aber nicht mehr als 10mA, was für ein vielseitiges Overdrive/Distortion-Pedal im Rahmen liegt.


Sound

Klanglich bewegt sich das Gerät im modernen Boutique-Bereich, aber mit deutlichem Vintage-Gen. Es erinnert an klassische Mosfet-Schaltungen, bringt aber genug Eigenständigkeit mit, um nicht als Kopie wahrgenommen zu werden. Der Clean-Boost-Bereich klingt groß, offen und trägt harmonische Obertöne, ohne zu komprimiert zu wirken. 

mosferatwoDreht man den Drive höher, wird es richtig spannend: Die erste Stufe gibt dir cremige Soft-Clipping-Charakteristik, sehr harmonisch, sehr „amp-ähnlich“, während danach eine härtere, härter komprimierte MOSFET-Klippung folgt, die dem Ton einen schönen, aggressiveren Edge verpasst. In der dritten Stufe kommt dann eine asymmetrische Soft-Klippung ins Spiel – die MOSFETs sind so orientiert, dass sie nicht symmetrisch verzerren, was zu einer sehr musikalischen, reich harmonisierten Sättigung führt. 

Nach längerer Spielzeit entsteht der Eindruck, dass das Mosferatwo eine Art Schweizer Taschenmesser im Overdrive-Segment darstellt – aber ohne den Nachteil, beliebig zu klingen. Es besitzt eine klare Identität, die sich in jeder Einstellung zeigt. Es kann dezent anwärmen, ordentlich zerren oder richtig zupacken. Alles wirkt ausgewogen, nie künstlich, und stets musikalisch.
Dank Heart fühlt sich der Bass bzw. Low-Mid-Bereich sehr kontrolliert und voluminös an, wenn man ihn anhebt, ohne matschig zu werden. Besonders schön ist das Zusammenspiel mit dem Focus: Wenn du den Fokus auf kristallklare Höhen stellst, kann das den Biss noch weiter verstärken – ganz so, als würdest du dem Pedal sagen: „Jetzt zeig, was du hast!“

Das Spielgefühl ist dabei extrem dynamisch. Wer leicht anschlägt, bekommt zarten Crunch, wer kräftiger zupft oder den Volume-Regler an der Gitarre zurücknimmt, bleibt völlig kontrolliert, und bei vollem Anschlag schnurrt das Pedal in sonor-satten Zerrungen. In höheren Gain-Regionen bekommst du nicht nur klassischen Overdrive, sondern fast fuzzartige, dicke Texturen – ohne dass es unkontrolliert oder unsauber wirkt. Genau das macht das Mosferatwo so vielseitig: Es kann dein sanftes Overdrive-Gezupfe ebenso wie deinen aggressiven Rage-Riff mittragen. Voll aufgedreht kommt das Distortion schon in fast fuzz-artige Gefilde mit richtig schönem Sustain.
Besonders beeindruckt hat mich, wie sehr das Pedal auf mein Spiel reagiert. Es folgt nicht stur einer vorgegebenen Klangkurve, sondern „atmet“ mit den Nuancen meines Anschlags: sanftes Zupfen, kräftige Powerchords, Wechsel von clean zu verzerrt – alles fühlt sich natürlich an. Dieses Maß an Touch-Empfindlichkeit ist typisch für gute MOSFET-Schaltungen, aber selten so elegant umgesetzt wie hier. 

Auch bemerkenswert ist das niedrige Grundrauschen. Selbst bei höheren Gain-Einstellungen bleibt das Gerät erstaunlich ruhig. Gerade wenn man empfindliche Singlecoils spielt, ist das ein Segen. In Kombination mit einem guten Amp erhält man einen straffen, definierten Sound, der sich mühelos in jede Mischung einfügt. Wer Blues, Classic Rock, Indie, Alternative oder modernen Singer-Songwriter-Kram spielt, wird mit diesem Pedal schnell warm werden.


Fazit

Was ganz klar begeistert, ist die unglaubliche Dynamik, die man beim Spielen spürt. Das Mosferatwo überrascht mit seiner Vielseitigkeit: Von sauberem Boost bis fuzzigem Saturation – alles ist innerhalb eines Pedals möglich. Die dualen Gain-Stufen plus die EQ-Optionen via Heart/Bite und Focus geben enormen klanglichen Spielraum, ohne dass man mit fünfzig Reglern kämpft. Die Verarbeitung ist hochwertig, das Design stilvoll, und es wurde „in der Schweiz mit Boutique-Sorgfalt“ gebaut. 
Auch das Rauschverhalten ist überraschend gut – trotz mehrerer Gain-Stufen bleibt das Pedal erstaunlich handhabbar hinsichtlich des Grundrauschens, insbesondere im moderaten Gain-Bereich.

Aber es gibt auch ein paar kleinere Schwächen. Zum einen braucht man vielleicht etwas Zeit, um die Regler wirklich zu verstehen und optimal einzustellen: Die Interaktionen von Drive, Focus, Heart und Bite sind klanglich so eng verwoben, dass es ein bisschen Experimentieren erfordert, um den Sweet Spot für den eigenen Stil und sein Instrument zu finden. Für Einsteiger oder Leute, die ein schnelles Plug&Play-Pedal bevorzugen, kann das anfangs herausfordernd sein. Auch wer auf ultra-saubere Boosts steht, könnte sich gelegentlich wünschen, dass das Mosferatwo bei niedrigen Gain-Werten noch etwas „transparenter“ wäre.

Zusammengefasst: Das Mosferatwo von RhPf Electronics ist ein Overdrive, der wirklich verbindet, was viele Pedale einzeln machen: dynamisches Ansprechverhalten, harmonische Sättigung, EQ-Flexibilität und gleichzeitig ein sehr organisches Spielgefühl. Du bekommst damit einen extrem musikalischen, berührungsempfindlichen und vielseitigen Drive, der nicht einfach nur verzerrt, sondern auch inspiriert. Wenn du also auf der Suche nach einem Boutique-Pedal bist, das nicht nur einen Sound liefert, sondern dein Spiel spürbar ergänzt, dann ist die Mosferatwo eine hervorragende Wahl. Auf der anderen Seite solltest du bereit sein, dich mit den Reglern auseinanderzusetzen – damit du das volle Potenzial ausschöpfen kannst. Für Gitarristen, die schnell einen stinknormalen, eindimensionalen Drive wollen, ist es vielleicht etwas Overkill. Aber für alle, die das Tone-Design lieben, ist es ein echter Schatz.

 

Pro

solide Verarbeitung
mehrere Gain-Stufen
niedriges Grundrauschen
sehr musikalisches Spielgefühl
Buchsen stirnseitig

Kontra

5 Regler und 2 Kippschalter, dessen gemeinsames Wirken etwas Einarbeitung und Zeit erfordert


rhpfelectronics.com

 

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